Was die EUDR für die Lederindustrie bedeutet

 

In den vergangenen Monaten ist sie in aller Munde: die EUDR, die neue EU-Verordnung gegen Entwaldung. In Fachartikeln und Branchenrunden fällt der Begriff inzwischen regelmässig, meist begleitet von einem gewissen Stirnrunzeln. Denn klar ist: Mit der EUDR kommen tiefgreifende Veränderungen auf viele Bereiche der Agrar- und Rohstoffwirtschaft zu – auch auf die Lederindustrie. Doch was genau steckt dahinter? Und was bedeutet das konkret für Hersteller und Händler von Lederprodukten?

Eine neue Transparenzpflicht

Die EUDR – ausgeschrieben EU Deforestation-Free Products Regulation – trat zwar bereits im Juni 2023 in Kraft, wird aber erst ab Ende 2025 tatsächlich verbindlich angewendet. Dann gilt: Nur noch Produkte dürfen auf den europäischen Markt, die nachweislich nicht mit Entwaldung oder Walddegradierung in Verbindung stehen.Die Verordnung gilt für sieben Rohstoffe, darunter Rinder, und damit ausdrücklich auch für Leder. Denn jedes Stück Leder geht letztlich auf ein Tier zurück, dessen Lebensweg irgendwo begann: auf einer Weide, in einem Stall, auf einer Fläche, die nach dem Stichtag 31. Dezember 2020 nicht gerodet oder degradiert worden sein darf.

Rückverfolgbarkeit bis zur Weide

Was das bedeutet, ist bemerkenswert. Künftig muss für jedes Rinderprodukt – und somit auch für jede Rohhaut – nachvollziehbar sein, wo das Tier gelebt hat. Nicht nur im Land oder in der Region, sondern präzise anhand geografischer Koordinaten der Betriebe, auf denen es stand. Diese Daten werden in ein zentrales EU-System eingespeist und bilden die Grundlage für eine sogenannte Due Diligence Statement, die jedes Unternehmen einreichen muss, das Rinder- oder Lederwaren auf den EU-Markt bringt.

Damit ändert sich für die Lederbranche vor allem eines: Transparenz wird Pflicht. Die Herkunft der Häute, die bislang häufig nur über Händler oder Sammelstellen bekannt war, muss künftig bis auf Betriebsebene nachvollziehbar sein. Für global gehandelte Häute aus Ländern mit komplexen Lieferketten ist das eine enorme Herausforderung.

Herausforderungen und Chancen

Die EUDR zwingt Unternehmen, ihre Lieferketten neu zu denken. Wer Leder verarbeitet oder vertreibt, wird künftig nicht mehr einfach „Rind aus Südamerika“ angeben können. Es braucht klare Herkunftsnachweise, Dokumente, Koordinaten. Und ein System, das diese Informationen sicher verwaltet.

Was auf den ersten Blick nach Bürokratie klingt, eröffnet zugleich eine grosse Chance: echte Rückverfolgbarkeit. Für Hersteller, die ohnehin mit regionalen oder biologisch wirtschaftenden Betrieben zusammenarbeiten, wird die EUDR keine Bedrohung sein – im Gegenteil, sie schafft einen Wettbewerbsvorteil. Wer bereits transparent arbeitet, wer seine Lieferanten kennt und auf eine intakte, entwaldungsfreie Landwirtschaft setzt, wird die neuen Anforderungen leichter erfüllen und das auch kommunizieren können.

Was Unternehmen jetzt tun können

Noch bleibt etwas Zeit: Für grosse Unternehmen wird die Verordnung ab 30. Dezember 2025, für kleine Betriebe ab 30. Juni 2026 verbindlich. Doch wer bis dahin vorbereitet sein will, sollte jetzt beginnen. Der erste Schritt ist, die eigene Lieferkette zu kartieren: Woher kommen die Häute? Wer liefert sie, über wie viele Zwischenstufen? Welche Informationen liegen bereits vor, welche fehlen noch? Anschliessend gilt es, mit Lieferanten ins Gespräch zu kommen – viele werden selbst erst lernen müssen, wie sie Geokoordinaten oder Haltungsnachweise liefern können.

Parallel sollten Unternehmen ihre internen Prozesse anpassen: klare Zuständigkeiten festlegen, Daten systematisch erfassen und archivieren, Verträge überprüfen. Und sie sollten die Gelegenheit nutzen, ihre Beschaffung langfristig nachhaltiger auszurichten: regionaler, transparenter, resilienter.

Ein Schritt in Richtung Verantwortung

Die EUDR ist kein einfaches Gesetz. Sie verlangt Umdenken, Investition und Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Doch sie ist Ausdruck einer Haltung, die auch die Lederbranche längst beschäftigt: der Verantwortung für das, was wir herstellen und verkaufen.

Wenn Leder künftig nicht nur schön, robust und langlebig sein soll, sondern auch nachweislich entwaldungsfrei, dann ist das ein Fortschritt – für die Wälder, für die Transparenz im Handel und für all jene, die schon heute auf nachvollziehbare, verantwortungsvolle Herkunft setzen.

Wir arbeiten seit Jahren daran, regionale, transparente Lederlieferketten aufzubauen, mit direktem Bezug zu Landwirtschaft, Gerbung und Handwerk. Wenn du verstehen möchtest, was die EUDR für dein Unternehmen bedeutet, wie du deine Lieferkette analysieren und Schritt für Schritt an die neuen Anforderungen anpassen kannst: melde dich bei uns. Wir unterstützen dich dabei, Strukturen zu verstehen, zu verbessern und nachhaltig zu gestalten.

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